Westkreuzverlag - Der
schöne Schein des Lächelns
102 Seiten, 23 farbige Illustrationen, 14,90 €
ISBN 978-3-939721-10-9
„Es gibt Tage, an denen ich auf die Straße gehe und das Gefühl habe,
Lächeln wäre ein ebenso beliebter Sport wie Joggen... Bei einigen
stört es mich nicht, bei anderen kann ich es kaum ertragen...“ So
beschreibt Marie Gronwald, wie ihr Mitmenschen mit reflexartigem
Lächeln begegnen, wenn sie in ihrem Rollstuhl unterwegs ist.
In achtzehn eindringlichen Episoden gibt die Autorin Einblick in
ihre außergewöhnlichen Lebensbedingungen. Sie erzählt von frühen
Erfahrungen in Kindergarten und Schule, schildert Unfälle, abwegige
Heilungsversuche selbsternannter Experten oder die bestürzende
Ignoranz mancher Zeitgenossen. Aber sie erlebt auch spontane
Hilfsbereitschaft und erfrischende Normalität. Ganz offen spricht
sie von ihren Sehnsüchten und Träumen.
Es überrascht, wie konzentriert sie ihre Umgebung beobachtet:
Erstaunliche Details rücken ins Zentrum ihrer Wahrnehmung,
Feinheiten, die dem Eiligen entgehen. Unsentimental und mit leiser
Ironie spiegelt sie dem Leser die Welt aus ihrer besonderen
Perspektive. Sulu Trüstedt trifft mit ihren wunderbaren Zeichnungen
genau den Ton der Autorin. Jedes Kapitel wird mit ihren farbigen
Illustrationen abgerundet.
Marie Gronwald ist es gelungen, eine engagierte
Illustratorin für ihre Geschichten zu gewinnen. Sulu Trüstedt hat
Kunsterziehung an der Hochschule der Künste in Berlin studiert und als
Kostümbildnerin gearbeitet. Sie illustriert Bücher, zeichnet
Spielkarten, Bastelbögen und Bildergeschichten.
http://www.westkreuz-verlag.de/buch_s/der_schoene_schein_des_laechelns.html
"Dankeschön, vielleicht hilft es ja gegen
meine Bauchschmerzen“
Marie Gronwald ist Studentin, Journalistin,
Autorin – und seit ihrer Geburt spastisch gelähmt
Dass sie studieren würde, war für Marie
Gronwald immer selbstverständlich: „Ich kann alles tun, was
andere auch tun – nur in einem anderen Tempo und manchmal auf
etwas andere Weise.“ Vor fünf Jahren begann sie ihr
Bachelor-Studium in Deutscher Philologie und Philosophie an der
Freien Universität. Momentan schreibt sie an ihrer
Abschlussarbeit, nebenbei an zahlreichen Kurzgeschichten. In
diesem Jahr veröffentlichte die 27-Jährige ihr erstes Buch: „Der
schöne Schein des Lächelns“.
Ein Team von zehn Assistenten steht der Studentin
in ihrem privaten und Uni-Alltag zur Seite. Sie helfen ihr beim
Ankleiden, Trinken und Essen, gehen einkaufen und schreiben für sie
mit. Seit ihrer Geburt ist Marie Gronwald spastisch gelähmt: Sie
sitzt im Rollstuhl, ihre Arme und Beine kann sie nicht bewegen. Ihre
Gedanken aber sind sehr beweglich: „Ich habe immer Bilder im Kopf,
die ich in Sprache umwandle, es ist ein bisschen wie im Film“, sagt
sie lächelnd.
Von Sabrina Wendling 27.11.09
Der vollständiger Artikel ist nachzulesen unter:
http://www.fu-berlin.de/campusleben/lernen-und-lehren/2009/091126_gronwald/index.html
Gelähmte Autorin
Bloß kein Schoßhund sein
Gehen oder mit den eigenen
Händen schreiben kann sie nicht, aber studieren und Texte
aufsprechen Jetzt ist das erste Buch der gelähmten Marie Gronwald
erschienen: Der schöne Schein des Lächelns. Es gibt Tage, an denen ich auf die Straße
gehe und das Gefühl habe, Lächeln wäre ein ebenso beliebter Sport
wie Joggen“, sagt Marie Gronwald. Manchmal nervt es sie einfach nur,
wenn sie, in ihrem Rollstuhl sitzend, von ihren Mitmenschen, meist
aus Verlegenheit, reflexartig angelächelt wird. Das kennt sie schon
lange, schon seit 26 Jahren. Damals kam sie mit spastischen
Lähmungen aller vier Gliedmaßen zur Welt. Bereits als Kind begann
sie aufzuschreiben, wie andere Menschen auf sie reagieren, auf sie
zugehen. Das heißt, selbst schreiben kann sie aufgrund ihrer
körperlichen Einschränkung ja nicht. „Ich nahm die Texte auf einen
Kassettenrecorder auf. Da musste immer einer alles abhören und aufs
Papier bringen“, sagt sie. Mittlerweile hat sie sogar ihr erstes
Buch veröffentlich: „Der schöne Schein des Lächelns“
(Westkreuz-Verlag, Berlin).
Von Dirk König - 11. Mai 2009
Der vollständiger Artikel ist nachzulesen unter:
http://www.tagesspiegel.de/berlin/Behinderung-Lesung-Schoeneberg;art270,2794557
Der schöne Schein des Lächelns
Wie sehr ist man versucht, ein künstlerisches Werk nach dem Wesen
seines Schöpfers zu beurteilen! Doch schon Goethe war der
Auffassung, Kunst müsse sich selbst erklären, und wer wollte ihm
widersprechen. Das Buch, das nun rezensiert werden soll, muss also
ganz allein bestehen.
Da liegt es also und erinnert in Format und Farbgebung ein wenig an
ein Kinderbuch: quadratisch und biegsam. Erzählungen werden
versprochen. Ein Blick auf das Inhaltsverzeichnis: Die Texte sind
relativ kurz. Trotzdem keine klassischen Kurzgeschichten? Nein, und
schon die erste Seite klärt mich auf: Marie Gronwald erzählt aus
ihrem Leben. Das kann nur jemand, der auch was zu erzählen hat, der
schon einen ordentlichen Schluck aus dem Kelch des Lebens genommen
hat. Wird es mich denn fesseln?
Ein Blick auf die Vita: Die Autorin wird gerade mal 27 Jahre alt.
Was soll da denn schon zusammengekommen sein? Da ist wohl nicht das
Was entscheidend, sondern das Wie. Jeder hat schon erstaunliche
Erlebnisse gehabt und kopfschüttelnd davon erzählt, vielleicht mit
der Bemerkung: Das sollte man wirklich mal aufschreiben. Aber
seine Erlebnisse auch so darzustellen, dass man sich hineingezogen
fühlt in die Situation, aus den Augen des Autors, der Autorin
blickt, Gänsehaut bekommt, aufsteigende Tränen herunterschluckt oder
sich mitfreut, das ist bei weitem nicht jedem gegeben. Amerikanische
Autoren der besagten klassischen Short Stories gaben ihren jüngeren
Kollegen häufig den Rat, auf all das schmückende Beiwerk zu
verzichten, all die glitzernden Adjektive und Adverbien, die den
Blick auf das Wesentliche im Grunde nur trüben. So arbeitet auch
Marie Gronwald. Es gäbe sicher viel, sehr viel, womit sie ihre
kargen Sätze noch auffüllen könnte, aber was sie schreibt, ist
genug, übergenug, um an ihrer Seite durch die Stadt zu fahren. Ja,
zu fahren.
Noch ein Blick auf das Cover: Da sitzt ein junges Mädchen inmitten
von Spruchbändern, die sie einzuwickeln drohen, und hält sie
vorsichtig auf Distanz. Und sie sitzt auf dem Piktogramm für
Behinderung: auf dem weißen Rollstuhl auf blauem Grund. Diese
Kombination ist umwerfend gewählt von der Friedenauer Illustratorin
Sulu Trüstedt, kongenial in der Tat mit den Erzählungen von Marie
Gronwald. Was hat ein Piktogramm schon mit dem Menschen zu tun? Was
hat die Körperbehinderung mit Marie Gronwald zu tun? Ja, sie hat
eine starke spastische Lähmung des ganzen Körpers, weshalb sie ihr
Leben lang auf die Unterstützung durch Assistenten angewiesen war
und sein wird. Und? Hindert sie das am Denken? Am Fühlen? Am
Erleben? Am Artikulieren oder am Studium? Nein. Also erzählt sie zum
Beispiel aus dem Urlaub, wo ein wildfremdes Ehepaar versuchte, sie
gesundzubeten, so intensiv, dass es der damals Achtjährigen angst
und bange wurde. Doch ansonsten: Es war merkwürdig und spannend für
mich in diesem fremden Land, denn ich war es als Achtjährige noch
nicht gewöhnt, so angestarrt zu werden. Man liest und fiebert mit
ihr mit - wie wird es ihr als der Neuen in der Klasse gehen? Wird
das Wetter bei der Klassenfahrt endlich besser? Und dann die Liebe,
ach!, die Liebe… Oder auch: Sticht die Mücke, oder sticht sie nicht?
Und gelegentlich ärgert man sich über die Tumbheit, die
Respektlosigkeit mancher Menschen, denen Marie Gronwald begegnet -
bevor man sich wieder irgendwie ertappt fühlt, verflixt. Was tut sie
eigentlich, wenn sie sich ärgert? Sie atmet. Tief atmen, und immer
weiter atmen. Leben eben.
Eigentlich kommen diese Erzählungen ganz gut allein zurecht. Aber
fraglos bekommen sie durch die Illustrationen von Sulu Trüstedt eine
weitere Dimension, die den einen oder anderen unausgesprochenen
Aspekt in heitere Bilder fasst, welche aber ihrerseits ebenso
hintergründig sind wie die Texte selbst: Auch sie sprechen für sich,
nicht nur für Marie Gronwald. Goethe wäre sehr zufrieden.
Am 9. Mai zum "Tag der Menschen mit Behinderung" ist das Buch von
Marie Gronwald auf dem Breslauer Platz am Stand des
Westkreuz-Verlags zu erwerben - verbunden mit einer Signierstunde
der Autorin von 11-13 Uhr.
Sanna von Zedlitz
- Mai 2009
Der Artikel ist erscheinen in der
Stadtteilzeitung Berlin Schöneberg
http://stadtteilzeitung-schoeneberg.de/index-archiv.htm